Antrag auf einheitliche Wirkung in anhängigen EP-Antragsverfahren

Mit dem Protokoll zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht betreffend die vorläufige Anwendung (EPGÜ) das seit Mitte Januar in Kraft ist, ist der vorletzte Schritt zum Einheitspatentsystem getan. Nun können die letzten Vorbereitungen getroffen werden, wie die Ernennung der Richter, die Einführung benutzerfreundlicher IT-Systeme und die Neuzuweisung von Gerichtsabteilungen, die vor dem Brexit für London geplant waren. Sobald die Unterzeichnerstaaten das EPG als einsatzbereit betrachten, wird Deutschland den letzten Schritt tun und seine Ratifizierungsurkunde des EPGÜ in Brüssel hinterlegen. Vier Monate später wird das EPGÜ in Kraft treten. Der Vorbereitungsausschuss schätzt jedoch, dass das EPGÜ wahrscheinlich erst in etwa acht Monaten in Kraft treten wird. Erst dann hat das Warten auf das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung endlich ein Ende.

In der Zwischenzeit könnten Anmelder, die eine Mitteilung über die Erteilungsabsicht des EPA erhalten, besorgt sein, dass sie keine einheitliche Wirkung beantragen können. Diese Sorge kann ihnen jedoch in der Regel genommen werden, auch wenn dies nach dem Gesetz keine Selbstverständlichkeit ist.

I.     Das Problem

Gemäß Regel 6 (1) der Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz müssen die Anmelder den Antrag auf einheitliche Wirkung innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Erteilung im Europäischen Patentblatt stellen. Diese Frist ist nicht verlängerbar. Mit anderen Worten: Der Anmelder kann nur dann einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen, wenn das EPG innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt in Kraft tritt.

Auf den ersten Blick werden Anmelder eines europäischen Patents in anhängigen Verfahren, die einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen wollen, nun darauf hoffen, dass das EPA sich mit der Prüfung der Anmeldung Zeit lässt. Darauf haben die Anmelder jedoch keinen Einfluss - ebenso wenig wie auf das weitere Verfahren: Das EPA, das dem Anmelder seine Absicht mitteilt, das Patent zu erteilen, gibt einen strengen Zeitplan vor, den der Anmelder einzuhalten hat, sofern er keine Änderungen für erforderlich hält. Nach Regel 71 (3), (7) EPÜ muss der Anmelder innerhalb von vier Monaten die Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr entrichten und die Übersetzungen der Ansprüche einreichen - andernfalls gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen.

Die einzige Möglichkeit, dem europäischen Patent einheitliche Wirkung zu verleihen, besteht also darin, die Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt zu verzögern.


II.    Die Lösung

Glücklicherweise wurde das EPA auf dieses Dilemma aufmerksam und führte eine Übergangsmaßnahme ein, um sicherzustellen, dass Patentanmelder die einheitliche Wirkung beantragen können.

Demnach können Anmelder, die die Mitteilung über die Erteilungsabsicht erhalten und nach Regel 71 (3) EPÜ vorgehen, einen Antrag auf Aufschub der Erteilung stellen. In diesem Fall würde das EPA den Hinweis auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt bis zum Inkrafttreten des Einheitspatentsystems aufschieben. Die Veröffentlichung würde dann im nächsten Blatt erfolgen.

Die Anmelder müssen jedoch mehrere Aspekte beachten:

1. Die Anmelder können keinen Antrag auf Aufschiebung stellen, wenn sie Änderungen beantragen. In diesem Fall müssen sie auf die Entscheidung des EPA über die Änderungen nach Regel 71 (3), (6) EPÜ warten. Gibt das EPA jedoch seine Zustimmung, wird das oben genannte Verfahren wiederholt, und die Anmelder können den Antrag entsprechend stellen - es sei denn, das Einheitspatent ist in der Zwischenzeit ohnehin schon in Kraft getreten.

2. Der Anmelder muss den Antrag auf Aufschiebung der Bekanntmachung innerhalb einer bestimmten Frist stellen: Er kann weder vor der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch Deutschland noch nach Ablauf der Viermonatsfrist der Regel 71 (3) EPÜ gestellt werden. Wenn jedoch die Vorbereitungen ins Stocken geraten und Deutschland die Hinterlegung verzögert, reicht dieser enge Zeitrahmen nicht aus, um den Anmeldern, die die Mitteilung über die Erteilungsabsicht bald erhalten, einheitliche Wirkung zu verleihen.

3. Der Antrag auf Aufschiebung umfasst nicht den Antrag auf einheitliche Wirkung, der innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt gestellt werden muss.

4. Als zweite Maßnahme hat das EPA einen „frühzeitigen Antrag auf einheitliche Wirkung“ eingeführt: Falls die gesetzliche Viermonatsfrist nach Regel 71 (3) EPÜ nach Inkrafttreten des EPGÜ abläuft, können Anmelder bereits vor Beginn des EPGÜ einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen. Dies betrifft vor allem Anmelder, die die Mitteilung der Erteilungsabsicht erhalten, nachdem Deutschland seine Ratifikationsurkunde hinterlegt hat.


Autoren: Martin Hackler und Dr. Ulrich Blumenröder