Eine Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts versucht Klarheit über schädliche Teilanmeldungen / Prioritäten zu erlangen

In der Entscheidung T0557/13 geht aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2014 hervor, dass die Beschwerdekammer der großen Beschwerdekammer Fragen vorlegen wird. Die schriftlichen Gründe und die Fragen selbst sind noch nicht verfügbar. Sie betreffen jedenfalls das Problem der sogenannten schädlichen Teilanmeldungen oder schädlichen Prioritäten („poisonous priorities; poisonous divisional applications“). Das Problem kann, vereinfacht ausgedrückt, folgendermaßen beschrieben werden: ein angegriffener Patentanspruch ist nicht, oder jedenfalls nicht vollständig, auf die beanspruchte Prioritätsanmeldung zu stützen, weil er Verallgemeinerungen enthält, die nicht klar und eindeutig aus der Prioritätsanmeldung ableitbar sind. Nach der Entscheidung T0571/10 kann eine weitere Anmeldung, z.B. eine Teilanmeldung, die im Gegensatz zu dem parallelen Anspruch auf die Prioritätsanmeldung gestützt werden kann, Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ bilden. Im Ergebnis kann der Anspruch durch die parallele Anmeldung derselben Patentfamilie neuheitsschädlich getroffen sein. Ein weiteres Problem gehört mit in das Bild, nämlich unter welchen Bedingungen ein Anspruch mehrere Prioritäten haben kann. In jedem Fall dürfte eine Klarstellung durch die Große Beschwerdekammer zu erwarten sein.