Eine EPA Beschwerdekammer wendet sich mit Fragen an die Große Beschwerdekammer

Am 17. Oktober 2016 hat sich eine Beschwerdekammer mit Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung zur Zulässigkeit von nicht offenbarten Disclaimern in einem Patentanspruch an die Große Beschwerdekammer gewandt (T 0437/14). Die Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer hat eine Unterscheidung zwischen „offenbarten Disclaimern“ und „nicht offenbarten Disclaimern“ getroffen (G 1/03 und G 2/03). Zu den offenbarten Disclaimern ist ausgeführt worden: „Der anzuwendende Test besteht darin, ob der angesprochene Fachmann auf der Grundlage seines allgemeinen Fachwissens den verbleibenden beanspruchten Gegenstand als ausdrücklich oder implizit, jedenfalls aber klar und eindeutig in der ursprünglichen Anmeldung offenbart ansehen würde“. Zu den nicht offenbarten Disclaimern hat die Große Beschwerdekammer in G 1/03 ausgeführt: „Eine Änderung eines Anspruchs durch die Aufnahme eines Disclaimers kann nicht schon deshalb nach Artikel 123 (2) EPÜ zurückgewiesen werden, weil weder der Disclaimer, noch der durch ihn aus dem beanspruchten Bereich ausgeschlossene Gegenstand aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung herleitbar ist.“ Möglicherweise hat die Große Beschwerdekammer in der Entscheidung G 2/10 diesen etwas großzügigeren Ansatz zu nicht offenbarten Disclaimern aufgegeben und ausgeführt: „Das übergeordnete Prinzip für jede nach Artikel 123 (2) EPÜ zulässige Änderung besteht darin, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs explizit oder implizit, aber unmittelbar und eindeutig für den angesprochenen Fachmann in der ursprünglichen Fassung der Anmeldung offenbart sein muss. Wie im Vorangegangenen bereits ausgeführt worden ist, gilt dies gleichermaßen für den Gegenstand eines Anspruchs, dessen Schutzbereich durch einen Disclaimer determiniert wird.“ Die Technische Beschwerdekammer ist jetzt zu dem Ergebnis gelangt, dass die Rechtsprechung der Beschwerdekammern hierzu nicht einheitlich ist und dass die Große Beschwerdekammer klarstellen sollte, ob oder ob nicht nur ein einziger Standard für alle Arten von Disclaimern Anwendung findet.