Entscheidung G1/15 (Teilpriorität) löst Problem der “Giftigen Teilanmeldungen“

Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts hat seine lang erwartete Entscheidung im Fall G1/15 (Teilpriorität) veröffentlich. Die wesentliche Frage mit der sich die Große Beschwerdekammer auseinanderzusetzen hatte war, ob ein Anspruch, der alternative Ausführungsformen in Form eines generischen Begriffs umfasst, anstatt diese alle einzeln aufzuzählen, eine Teilpriorität in Anspruch nehmen kann, d.h. die Priorität einer früheren Anmeldung für lediglich einige der unter den generischen Begriff fallenden Ausführungsformen. Diese Frage stellt sich zum Beispiel, wenn die spätere Anmeldung einen Patentanspruch enthält, der auf eine allgemeine chemische Formel gerichtet ist, die mehrere Verbindungen umfasst, die frühere Anmeldung aber lediglich einige der unter die allgemeine Formel fallenden Verbindungen offenbart, nicht jedoch die allgemeine Formel. Gemäß der Großen Beschwerdekammer macht es zum Zwecke der Beanspruchung einer Teilpriorität keinen Unterschied, ob ein Anspruch mehrere Alternativen generisch umfasst oder ob ein Anspruch alle Alternativen einzeln aufzählt. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen, da sie das Problem der „giftigen Teilanmeldungen“ und „giftigen Prioritäten“, das Anmelder und Patentinhaber für lange Zeit beunruhigt hat, wohl endgültig aus dem Weg räumt.